Ein Kaiser setzt seine Hauptstadt in Brand

aus dem Buch: "Natur- und Brandkatastrophen" erschienen im Tosa-Verlag Wien

Rom, die "ewige Stadt", war das bedeutendste Zentrum der Antiken Welt. Zu seiner Blütezeit wurde es von einem ebenso mächtigen wie unberechenbaren Mann regiert: Kaiser Nero. Er ging als derjenige in die Geschichte ein, der Rom in Brand stecken ließ und das Flammenmeer besang. Welches Motiv kann einer der größten Herrscher seiner Zeit gehabt haben, den Sitz seiner Macht in Flammen aufgehen zu lassen und somit vorsätzlich Leib und Leben von Tausenden seiner Untertanen aufs Spiel zu setzen?

Für die zeitgenössischen Historiker scheint es wenig Zweifel zu geben: Die Feuersbrunst, die am 29.Juli im Jahr 64 n.Ch. über Rom hinweggefegt und die Stadt am Tiber zu großen Teilen zerstört, ist von ihrem eigenen Herrscher entfacht worden. Warum Claudius Drusus Germanicus Nero diesen Schrecken über Rom gebracht haben soll, wird wohl nie geklärt werden. Zeitzeugen berichten von seiner Eitelkeit, die, gepaart mit großer Eigenwilligkeit und einer offenbar ausgeprägten Langeweile, den exzentrischen Kaiser zu seiner Tat getrieben haben dürfte.

In diesen Sommertagen sehnt sich der angeödete Herrscher offenbar nach Abwechslung. Sein Palast, der mittlerweile zwei der sieben Hügel Roms einnimmt, wird seinem Größenwahn nicht mehr gerecht. Dazu kommt, daß viele der Gebäude Roms alt und halb verfallen sind, was dem Kaiser ein Dorn im Auge ist. Das Feuer, das am 19. Juli auf mysteriöse und nie geklärte Weise in einer Ladenstraße nahe dem berühmten "Circus Maximus" ausbricht, breitet sich rasend schnell aus. Zwei Tage zuvor war Nero in die Küstenstadt Actium gereist. Zufall oder Berechnung?

Cornelius Tacitus, angesehener Historiker und Augenzeuge, gibt in einem Bericht einen anschaulichen Eindruck der schrecklichen Ereignisse. Er schildert, wie verstörte und panische Menschen um ihr Leben laufen, dabei aber immer wieder vom Feuer eingeholt werden. Blitzschnell haben sich die Flammen durch die dem Circus benachbarten Stadtviertel gefressen. Das Feuer breitet sich immer weiter aus. Bald erreicht es auch die entlegenen Bezirke. Erstaunlicherweise wagt es niemand, dem Brand Einhalt zu gebieten. Wer es auch versucht, wird von den wilden Banden daran gehindert. Einige Männer werfen sogar brennende Fackeln in die Häuser und rechtfertigen sich, sie handelten auf Befehl, was den Verdacht gegen den Kaiser als Brandstifter nährt.

Da keiner einen Löschversuch unternimmt, kann sich das Feuer ungehindert über die Wohnhäuser, Tempel und Altäre der Stadt ausbreiten. Die Menschen retten sich auf die Landstraßen, die von der Hauptstadt sternförmig in die entlegensten Winkel des Weltreichs führen. Von den Heiligtümern und privaten Behausungen bleiben nur qualmende Ruinen übrig. Auch der Jupitertempel, den Romulus, der Gründer Roms, vor 800 Jahren errichten ließ, wird Opfer der Flammen. Mittlerweile ist Nero aus Actium zurückgekehrt. Von einem Turm im Garten seines Palastes aus betrachtet er die brennende Stadt zu seinen Füßen. Überwältigt von der "Schönheit der Flammen" singt er zur Lyra die Verse vom "Fall Trojas". Endlich wird ihm Abwechslung geboten - eine reale Katastrophe, die sich vor seinen eigenen Augen abspielt, und nicht etwa eine der gespielten Szenen im Theater oder im Circus.

Erst nach sechs Tagen und sieben Nächten kann das Feuer eingedämmt werden, indem Bauwerke niedergerissen und damit Schneisen geschlagen werden, die den Brand stoppen. Laut Tacitus möchte Nero selbst "soviel wie möglich plündern", daher verbietet er allen Bürgern, in den verkohlten Überresten nach ihrem Eigentum zu suchen. Von den 14 Stadtteilen Roms sind 3 völlig zustört, von weiteren 7 sind nur noch rauchende Ruinen übriggeblieben.

In der Folgezeit läßt Nero Rom wieder aufbauen. Dabei achtet er darauf, daß gewisse Brandschutzmaßnahmen eingehalten werden. So müssen die neuen Häuser mindestens zum Teil aus Stein bestehen und bestimmte bauliche Voraussetzungen erfüllen, damit die Feuerwehr bei einem möglichen Brand einen schnellen Zugang hat. Zu seiner eigenen Erbauung errichtete er einen gigantischen neuen Kaiserpalast mit einer 40 Meter hohen Statue von sich selbst. Auch ein Sündenbock für die Katastrophe ist von offizieller Seite schnell gefunden. Um den Verdacht von seiner eigenen Person abzulenken, lässt Nero die in Rom lebenden Christen verhaften. Sie werden gefoltert, gekreuzigt oder im Circus von Raubtieren zerfleischt. Die erste Christenverfolgung der Geschichte nimmt hier ihren furchtbaren Anfang. Niemand glaubt wirklich an die Schuld der Christen, doch keiner wagt es, sich dem mächtigen Nero entgegenzustellen, der nach dem Wiederaufbau stolz erklärt:" Wie gut, jetzt kann ich endlich wie ein menschliches Wesen zu leben beginnen".

kupferstich
NERO - schillernde Figur der Antike

Morde und Intrigen verbinden sich mit der Person Neros, einem der größten Despoten der Weltgeschichte.

Seine Mörderische Laufbahn begann damit, dass er im Jahr 55 seinen Stiefbruder Claudius Tiberius Cäsar Britannicus umbringen ließ. Vier Jahre später befahl er die Tötung seiner Mutter Agrippina, 62 musste seine erste Frau Octavia sterben. Auf die gleiche Weise beseitigte er auch zahlreiche Berater und potentielle Rivalen. Seinen Erzieher, den berühmten Philosophen Lucius Annaeus Seneca, zwang er im Jahr 65 zum Selbstmord. Nero liebte die schönen Künste. er versuchte sich in

Malerei, Bildhauerei, Musik und Dichtung. Im Circus trat er als Sänger und Wagenlenker auf und unternahm sogar eine Küstentournee durch Griechenland. Den Höhepunkt seiner unrühmlichen Karriere aber stellt wohl der Brand Roms dar. Opfer der Daraufhin von ihm angefachten Christenverfolgung wurden auch die Apostel Petrus und Paulus.

Neros Ende kam im Jahr 68. Nach einem Aufstand in Galien wurde Servius Sculpius Galba zum Kaiser ausgerufen und Nero vom römischen Senat zum Staatsfeind erklärt. Daraufhin nahm sich der skrupellose Herrscher selbst das Leben.

Aber vielleicht tun ihm die Geschichtsschreiber ja auch Unrecht, wie es in anderen Quellen nachzulesen ist, war es nichts Besonderes, daß es zu der damaligen Zeit hin und wieder kleinere Brände gab, die aber immer wieder schnell bekämpft werden konnten. Es könnte auch gewesen sein, daß dieser historsche Brand auf einem Marktplatz nahe dem Circus entstanden ist. Die beschribenen Reiter, die brennende Fackeln in die Häuser warfen, könnten den Versuch unternommen haben, Brandschneisen und Gegenfeuer anzulegen, wie sie auch heute noch bei Waldbränden in Kanada angelegt werden. Ebenso ist überliefert, daß Nero in seiner etwa 50 Kilometer entfernten Heimatstadt Actium aufhielt. Es mag ihm im Nachhinein gelegen gekommen sein ein neues Rom aufbauen zu dürfen, aber wäre er der Initiator gewesen, hätte er nicht das ganze Spektakel von Anfang an genießen wollen? Was wäre gewesen, wenn das Feuer bereits gelöscht worden wäre während er nicht da war?